Fledermäuse nutzen eine Vielzahl von sozialen Rufen zur Kommunikation. Bei den meisten Arten sind Sozialrufe jedoch weit weniger untersucht als Echoortungsrufe, und ihre spezifische Funktion bleibt oft unklar. Die Autorinnen und Autoren der vorliegenden Studie untersuchten die Funktion sozialer Rufe im Flug während des Schwärmens im Herbst vor einem großen Winterquartier in Norddeutschland (Kalkberghöhle Bad Segeberg), in dem hauptsächlich zwei Arten der Myotis-Gruppe vorkommen, die Fransenfledermaus (Myotis nattereri) und die Wasserfledermaus (Myotis daubentonii). Hierbei wurden die sozialen Rufe in Nächten mit hoher Schwarmaktivität aufgenommen und die Rufe anhand ihrer spektro-temporalen Struktur in zehn Typen gruppiert. Anschließend wurde die visuelle Klassifizierung mit Hilfe einer Diskriminanzfunktionsanalyse überprüft. Wann immer möglich, wurden die Sozialrufe dann entweder M. daubentonii oder M. nattereri zugeordnet, indem die umgebenden Echoortungsrufe analysiert wurden. Da viele Fledermäuse während des Schwärmens gleichzeitig rufen, analysierten die Forscher nicht einzelne Echoortungsrufe, sondern die „Klanglandschaft“, die jeden Sozialruf umgibt, wobei nicht nur spektrale Parameter, sondern auch die Klangfarbe der Echoortungsrufe berücksichtigt wurden. Beide Arten verwenden im Schwarmkontext vergleichsweise ähnliche soziale Ruftypen, die nur geringfügige Unterschiede in den Rufparametern zwischen den Arten aufweisen. Um zusätzliche Informationen über die allgemeine Funktion sozialer Rufe im Schwarmkontext zu erhalten, wurden Playback-Experimente mit frei fliegenden Fledermäusen in der Nähe des Winter- und Schwarmquartiers durchgeführt. Dabei wurden drei verschiedene Ruftypen von jeder der beiden Arten verwendet. Bei drei von sechs Versuchen nahm die Fledermausaktivität während und nach Abspielen der Playback-Stimuli zu. Das deutet darauf hin, dass die Fledermäuse den Wiedergabeort inspizierten oder sich ihm näherten. Mit Hilfe einer Kamerafalle konnten die anfliegenden Fledermäuse teilweise auf Artniveau bestimmt werden. Die Artzusammensetzung während der Rufwiedergabe deuten die Autorinnen und Autoren als Indiz dafür, dass mindestens ein Ruftyp auch der interspezifischen Kommunikation dient, während ein weiterer Ruftyp für den intraspezifischen Gruppenzusammenhalt verantwortlich ist.

[freie Übersetzung des Abstracts]

Schwärmende Fledermäuse an der Kalkberghöhle Bad Segeberg (Foto: Florian Gloza-Rausch)

Original-Studie:

Bergmann, A., Gloza-Rausch, F., Wimmer, B., Kugelschafter, K., & Knörnschild, M. (2022). Similarities in social calls during autumn swarming may facilitate interspecific communication between Myotis bat species. Frontiers in Ecology and Evolution, 10. https://doi.org/10.3389/fevo.2022.950951

Ähnlichkeiten in Sozialrufen während des Schwärmens deuten auf interspezifische Kommunikation zwischen Myotis-Fledermausarten hin