Weltweit wird eine große Anzahl von Fledermäusen durch Windkraftanlagen getötet, doch die spezifischen demografischen Folgen der Mortalität durch Windkraftanlagen sind noch unklar. In dieser aktuellen Studie wurden die Merkmale der an Windkraftanlagen getöteten Rauhautfledermäuse (Pipistrellus nathusii) mit denen der lebenden lokalen Population während der Sommermigration in Deutschland verglichen. Mit Hilfe einer statistischen Modellierung wurden die demografischen Gruppen ermittelt, die am stärksten durch die Mortalität an Windkraftanlagen gefährdet sind, einschließlich Geschlecht, Alter (adulte oder juvenile Tiere) und geografische Herkunft (regionaler oder Langstreckenzieher; dargestellt anhand des Verhältnisses der stabilen Wasserstoffisotope im Fell).

Jungtiere trugen mit einem höheren Anteil an den Schlagopferzahlen an Windkraftanlagen bei, als angesichts ihrer Häufigkeit in der lebenden Population zu erwarten war. Dies deutet darauf hin, dass junge Fledermäuse durch die Sterblichkeit an Windkraftanlagen besonders gefährdet sind. Dieser Effekt variierte mit der Dichte der Windkraftanlagen. Insbesondere bei niedrigen Windkraftanlagendichten, die hauptsächlich in Binnengebieten mit Gewässern und Wäldern vorkommen, in denen sich Rauhautfledermäuse (Pipistrellus nathusii) typischerweise fortpflanzen, wurden Jungtiere häufiger tot unter den Winkraftanlagen gefunden als aufgrund ihrer Häufigkeit in der lebenden Population zu erwarten gewesen wäre. In Gebieten mit hoher Windkraftanlagendichte, die hauptsächlich in Küstengebiete vorkommen, wo die Rauhautfledermäuse hauptsächlich nur durchziehen, waren Adulte und Jungtiere gleichermaßen gefährdet.

Es wurde bei keinem der beiden Geschlechter Hinweise auf eine erhöhte Gefährdung durch Windkraftanlagen anhand der Modellierung festgestellt. Es wurde jedoch ein höherer Anteil an Weibchen bei den Schlagopfern gefunden, da diese auch einen höheren Anteil in der lokalen Population haben, der höchstwahrscheinlich durch Weibchen verursacht wird, die aus ihren nordöstlichen Brutgebieten nach Deutschland einwandern. Eine hohe Sterblichkeit von Weibchen ist für diese wandernde Fledermausart von Bedeutung, da sie die jährliche Reproduktionsrate der Populationen beeinträchtigt.

Die Herkunft der Tiere (lokale oder von weit entfernt eingewanderte Individuen) hatte keinen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit an Windkraftanlagen getötet zu werden.

Eine unverhältnismäßig hohe Sterblichkeit von Jungtieren an Windkraftanlagen kann die Widerstandsfähigkeit von Rauhautfledermauspopulationen gegenüber Umweltstressoren wie dem Klimawandel oder dem Verlust von Lebensräumen einschränken kann, da die Rekrutierung von Jungtieren verringert wird, die in der Regel neue Habitate erschließen. Es sollten deshalb Maßnahmen zur Abschwächung der Mortalität von Windenergieanlagen, wie z. B. Abschaltalgorithmen, in ganz Europa umgesetzt werden, um einen Rückgang der Rauhautfledermaus und anderen wandernden Fledermäusen zu verhindern.

[frei übersetztes Abstract]

Tote Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) mit offener Fraktur an der Schulter, gefunden unter einer Windkraftanlage (Fotos: M. Fritze)

Original-Studie:

Kruszynski C, Bailey LD, Bach L, Bach P, Fritze M, Lindecke O, Teige T, Voigt CC (2021): High vulnerability of juvenile Nathusius‘ pipistrelle bats (Pipistrellus nathusii) at wind turbines. Ecol Appl. 2021 Dec 7. doi: 10.1002/eap.2513. Epub ahead of print. PMID: 34877754.

Besonders hohes Gefährdungsrisiko von jungen und weiblichen Rauhautfledermäusen an Windkraftanlagen festgestellt