Im Schatten alter Dachstühle geht es lebhaft zu – zumindest aus Sicht des Großen Mausohrs (Myotis myotis), unserer größten heimischen Fledermausart. Eine neue Studie des Museums für Naturkunde Berlin hat nun detailliert dokumentiert, wie Männchen dieser Art mit Gesang, Geduld und festen Territorien um die Gunst der Weibchen werben. Das überraschende Ergebnis: Das Große Mausohr nutzt ein sogenanntes Lek-System – ein Paarungsverhalten, das bislang nur selten bei Fledermäusen beschrieben wurde.

Im Rahmen ihrer Dissertation beobachtete Lisa Printz über 70 Mausohr-Männchen in sechs Kirchendachstühlen in Bayern. Die Männchen wählten kleine, über Jahre hinweg genutzte Hangplätze, verteidigten sie energisch und lockten Weibchen mit komplexen Vokalisationen an. Ab Juni zeigt sich bereits eine erhöhte Standorttreue – mit dem Höhepunkt der Paarungssaison im August.

Die Beobachtungen liefern tiefe Einblicke in ein bislang wenig beachtetes Kapitel des Fledermausverhaltens: Weibchen scheinen sich gezielt für bestimmte Männchen zu entscheiden, noch bevor sie landen. Die Paarung kann außergewöhnlich lange andauern – im Extremfall über 34 Stunden – oft begleitet von engem Körperkontakt, der vermutlich der Sicherung der Vaterschaft dient („Mate Guarding“).

Die Studie hat auch direkte artenschutzrelevante Implikationen: Die untersuchten Männchen kehren über Jahre zu denselben Paarungsplätzen zurück – meist unauffällige Dachbereiche in Kirchen oder Klöstern. Eingriffe durch Baumaßnahmen oder Renovierungen können das sensible Paarungsverhalten empfindlich stören.

„Männchenquartiere wurden im Schutzkonzept bisher oft vernachlässigt“, erklärt Lisa Printz. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass auch sie für den Fortpflanzungserfolg entscheidend sind – und daher gezielten Schutz verdienen.“

Die Deutsche Fledermauswarte unterstützt den Aufruf der Autorinnen: Paarungsquartiere sollten künftig ähnlich sorgfältig geschützt werden wie Wochenstuben und Winterquartiere.

Zur Studie:

Printz, L., Lustig, A., Nagy, M., Knörnschild, M. (2025): Mating system and copulatory behavior of the greater mouse-eared bat (Myotis myotis). Annals of the New York Academy of Sciences 2025, 1–14. https://doi.org/10.1111/nyas.15390

„Jodeln“ der Mausohren
Verborgene Balz: Paarungsquartiere des Großen Mausohrs verdienen stärkeren Schutz