Ehemaliges FDGB-Heim „Fritz-Heckert“ bei Gernrode/Harz – Massenquartier für Fledermäuse,

Seit der politischen Wende vor mehr als 30 Jahren steht der entkernte mehrstöckige Gebäudekomplex aus den 1950er Jahren leer. Seither wird es von vielen Abenteurern, Nostalgikern und von der Lost Place Community besucht. Die Spuren der Besucher sind unübersehbar: überall Schmierereien und „Graffitikünstler“ haben sich hier verwirklicht.

Aus der Lost Place Community kam der Hinweis an den Arbeitskreis Fledermäuse Sachsen-Anhalt e. V., dass bei dem Erstellen von „künstlerischen Werken“ sehr viele Fledermäuse aufgefallen sind.

Diesen Hinweisen wurde nachgegangen. Bei mehrfachen Kontrollen von Oktober bis Dezember 2021 wurden in Spalten und Lochziegeln bis 240 Zwergfledermäuse an einem Tag gezählt. Aber auch andere Arten wie Mopsfledermaus und Braunes Langohr wurden gesichtet. Es gibt Wandbereiche, aus denen es „zwitschert“ und welche, an denen Fledermauskot klebt. Hier leben bedeutend mehr Fledermäuse als äußerlich sichtbar sind.

Am 14.12.2021 erfolgte bei windigem und kühlem Wetter ein Netzfang im ehemaligen Speiseraum. Unter acht gefangenen Zwergfledermäusen gelang ein Wiederfund einer Zwergfledermaus aus einem großen ca. 12 km entfernten Schwärmquartier „Heuscheune“, NSG Bodetal, vom 14.07.2018. Im direkten Umfeld des Fangplatzes schliefen 78 Zwergfledermäuse und eine Mopsfledermaus.                                                     

Die zuständige Naturschutzbehörde wurde über das Vorkommen informiert.    

Im März 2022 wurden zahlreiche weitere Tiere beobachtet. Aus der Presse wurden Pläne bekannt, dass die Gebäude einer Nutzung zugeführt werden sollen. Jedoch ist hierbei zu berücksichtigen, dass der Fledermausschutz beachtet werden muss; hier leben Arten der FFH-Richtline der Anhänge II und IV.

Massenwinterquartiere von Zwergfledermäusen waren bislang am Nordharz nicht bekannt. Welche weiteren Fledermausarten sich hier mit wievielen Individuen aufhalten, ist ebenfalls nicht bekannt.

Wenn Umbau- und Sanierungsarbeiten geplant werden, sind umfängliche Untersuchungen und Ersatzmaßnahmen zum Schutz der Fledermäuse notwendig.

Das Beispiel zeigt, wie wichtig Hinweise aus der Bevölkerung bzw. gute Kontakte zu lokalen Akteuren wie in dem Fall die Lost Place Community sind.

Gastbeitrag von:

Andreas Fritsch, AK Fledermäuse Sachsen-Anhalt e. V.

Bernd Ohlendorf, Landesreferenzstelle Fledermausschutz Sachsen-Anhalt

Ruine des ehemaligen FDGB-Heims „Fritz-Heckert“ bei Gernrode, Harz.
Überwinternde Zwergfledermäuse (links und Mitte) und eine Mopsfledermaus (rechts) in offenen Löchern von Ziegelsteinen.
Eindruck aus den Räumlichkeiten der Ruine des Hotelkomplexes. Es gibt eine Vielzahl von Spalten und offenen Lochziegelsteinen, in denen Fledermäuse Quartiere finden.
Lost-Place-Community entdeckt Fledermausquartier