Seit einiger Zeit kursiert in Fachkreisen die Sorge um den Großen Abendsegler (Nyctalus noctula), da einige langjährige Fledermausschützer zum Teil drastische Abnahmen registrierten.
Um diesen Berichten auf den Grund zu gehen und Maßnahmen zu diskutieren, hat der Bundesverband für Fledermauskunde e.V. (BVF) am 27.11.21 eine Online-Tagung zur „Bestandsentwicklung des Großen Abendseglers in Deutschland und Europa“ organisiert. Über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem wissenschaftlichen, behördlichen, praktischen und ehrenamtlichen Umfeld aus dem In- und Ausland folgten der Einladung und verfolgten die spannenden Vorträge und Diskussionen.
Im Rahmen der Vorträge wurde von massiven Bestandseinbrüchen in den Überwinterungsgebieten in Südhessen, Frankreich, Süddeutschland und Österreich über die letzten 20 Jahre berichtet und der Ausbau der Windenergie als mögliche Ursache diskutiert. Es ist bekannt, dass der Große Abendsegler die Fledermausart ist, die in Deutschland am häufigsten durch Windenergieanlagen (WEA) zu Tode kommt. Pro Jahr werden nach Expertenschätzungen hunderttausende Fledermäuse durch Windräder getötet. Dies betrifft vor allem Arten, die in großer Höhe jagen und Arten, die saisonal wandern. Der Große Abendsegler ist eine Art, für die beides zutrifft, wodurch er besonders schlaggefährdet ist.
Andere Untersuchungen haben auch gezeigt, dass durch die Klimaveränderung eventuell das Wanderverhalten der Abendsegler beeinflusst wird, so dass ein Teil der Tiere zur Überwinterung nicht mehr wandert, sondern vermehrt auch in nördlicheren Breitengraden überwintert. Dies erschwert die genaue Identifizierung der Ursache für die Bestandsrückgänge. Hinzu kommt, dass in Brandenburg – einem der Verbreitungsschwerpunkte der Art in Deutschland – die Bestandsentwicklungen insgesamt relativ stabil waren. Es wurde jedoch betont, das dieses grundsätzlich erfreuliche Ergebnis jedoch nicht über die Einbrüche des beobachteten Bestandes an den Verbreitungsgrenzen hinwegtäuschen sollte, so der BVF. Die meisten Referenten konnten Bestandsrückgänge des Großen Abendseglers in den letzten Jahren zeigen und somit die Befürchtungen im Vorfeld der Tagung bestätigen. Sie führten als Gefährdungsursache immer wieder den Betrieb von Windenergieanlagen, aber auch die Zerstörung von Quartieren an Gebäuden z.B. im Rahmen von energetischen Sanierungen an. Aus wissenschaftlicher Sicht scheint der Betrieb von Windkraftanlagen nicht der alleinige Grund für die beobachteten Bestandsrückgänge dieser unter europaweiten Schutz stehen Fledermausart zu sein. Weitere menschgemachte Einflüsse, wie der Rückgang von Nahrungsinsekten bedrohen die Insektenfresser, die gleichzeitig wichtige Vertilger von Schadinsekten in der Land- und Forstwirtschaft sind.
Als wichtiger Ansatzpunkt zum Schutz der Fledermäuse wurde diskutiert, dass nach wissenschaftlichen Erhebungen über 75% aller in Deutschland vorhandenen Windräder derzeit ohne fledermausfreundliche Abschaltautomatik betrieben werden. Hier sehen die Expertinnen und Experten bundesweit einen erheblichen Nachholebedarf zum Schutz der Tiere. Auch aus ethischer Sicht ist es geradezu skandalös, dass jährlich hunderttausende Fledermäuse getötet werden, wenngleich zumutbare Schutzmaßnahmen (Abschaltalgorithmen) existieren.
Die Fledermausschützerinnen und -schützer sind sich jedenfalls einig, dass Arten- und Klimaschutz keine Gegensätze sind, sondern Hand in Hand gedacht und umgesetzt werden müssen und dies auch machbar ist – es fehlt momentan allein der politische Wille.

Großer Abendsegler (Nyctalus noctula) während einer Fledermauskasten-Kontrolle (Foto: M. Fritze)
Kadaver eines markierten Abendseglers unter einer Windkraftanlage (Foto: B. Ohlendorf)
Sorgen um den Großen Abendsegler